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17.01.2018

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Higgs-Event

Eine Kollision aus dem Jahr 2012, die ein mögliches Higgs-Ereignis zeigt. Die Daten dieser Ereignisse sind jetzt im Open-Data-Portal frei zugänglich. Bild: Tom McCauley/CMS/CERN

Offenheit ist eine der großen Maximen der Teilchenphysik, insbesondere der Forschung am Large Hadron Collider LHC. Alle wissenschaftlichen Publikationen sind „Open Access“, also für jedermann frei zugängig, und auch Teile der echten Daten von den Teilchenkollisionen werden seit Jahren in größeren Paketen im „Open Data“-Portal veröffentlicht. Die Teilchenphysiker, die am CMS-Detektor arbeiten, haben jetzt ein weiteres Riesenpaket zur Verfügung gestellt: rund ein Petabyte an Daten im Originalformat wartet auf neugierige Wissenschaftler und Laien.

Das Paket enthält rund die Hälfte der Daten, die die CMS-Forscher im Jahr 2012 gesammelt haben – also Proton-Proton-Kollisionen mit einer Kollisionsenergie von 8 Tera-Elektronenvolt. Der Clou: Mit diesen Daten und den mitgelieferten Simulationen sind echte wissenschaftliche Analysen möglich. Als Illustration hat eine schnelle DESY-Doktorandin bereits gezeigt, dass man mit den jetzt veröffentlichten Informationen die Schritte nachvollziehen kann, die zur Entdeckung des Higgs-Teilchens im Jahr 2012 geführt haben. Jetzt kann also jeder mit etwas Geduld und der ebenfalls freien Software vom Sofa aus auf Higgs-Jagd gehen.

„Diese Daten sind in erster Linie für Forscher gedacht, die damit Analysen machen möchten – zum Beispiel Theoretiker oder Kollegen von anderen Experimenten. Auf Basis der früher veröffentlichten Pakete wurden tatsächlich schon zwei wissenschaftliche Paper veröffentlicht“, berichtet Achim Geiser von der DESY-CMS-Gruppe, der bei CMS an der Datenkonservierung und Veröffentlichung der Daten, also Open Data, arbeitet. „Die Daten sind aber auch gut für Bildungszwecke geeignet, zum Beispiel für Teilchenphysik-Masterclasses. Sie bieten auch viel Potenzial für Bachelor-Arbeiten.“ Geiser hofft, dass der jetzt veröffentlichte Datensatz dazu führt, dass Forscher sie nach Phänomenen untersuchen, die nicht zum bereits abgearbeiteten „Pflichtprogramm“ gehören.

Higgs-Plot
Higgs-Plot open data

Original und Open Data: Oben das Ergebnis der Higgs-Suche in der Gesamtheit der CMS-Daten, unten das Ergebnis der Higgs-Suche mit Open Data. Die Schaubilder sehen aneinander sehr ähnlich.

Das Material reicht von einem Teil der Rohdaten über rekonstruierte Originaldaten und Simulationen sowie vereinfachte Datenformate bis hin zu daraus abgeleiteten Beispiel-Ergebnissen. Nutzer laden sich eine Art virtuellen Computer auf ihren eigenen Computer, auf dem dann die CMS-Datensoftware läuft. Die virtuelle Maschine greift bei jeder Nutzung auf die Daten im Open Data-Portal zu; die Nutzer müssen also nicht alle Daten auf ihren eigenen Computer herunterladen. Außerdem gibt es Beispiel-Codes und Meta-Daten, etwa zum Status des LHC zum Zeitpunkt der Datennahme.

Auch der Code, den die Doktorandin Nur Zulaiha Jomhari geschrieben hat, um die Higgs-Entdeckung anhand von Open Data in Teilen nachzuvollziehen, steht Nutzern zur Verfügung. „Es war nicht leicht, diese Analyse in so kurzer Zeit zu machen“, sagt ihr Betreuer Geiser. Zwar ist diese Analyse weniger ausgeklügelt und die Statistik ist aufgrund der kleineren Datenmenge geringer, aber sie zeigt deutlich, dass echte Physik mit den Daten möglich ist.

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