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13.12.2011

Es wird noch enger fürs Higgs-Teilchen

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In einem Seminar am CERN haben heute, am 13. Dezember, die beiden großen LHC-Experimente ATLAS und CMS die neuesten Ergebnisse zur Suche nach dem Higgs-Teilchen präsentiert. Diese Ergebnisse basieren auf deutlich mehr Daten, als die auf den Sommerkonferenzen präsentierten Ergebnisse und stellen einen großen Fortschritt bei der Suche nach dem Higgs-Teilchen dar. Allerdings können die Wissenschaftler auch jetzt noch keine überzeugende Aussage zur Existenz (oder Nicht-Existenz) des Higgs-Teilchens machen.

Die Wissenschaftler konnten den Bereich, in dem ein Higgs-Teilchen existieren könnte, weiter einschränken. Sollte es das Higgs-Teilchen, so wie es vom Standardmodell vorhergesagt wird, geben, so hätte es wahrscheinlich eine Masse im Bereich zwischen 115 und 130 Gigaelektronenvolt. Zwar haben sowohl ATLAS als auch CMS interessante Hinweise in dem gleichen Massenbereich gesehen, die Hinweise sind jedoch noch nicht stark genug.

Wenn es Higgs-Teilchen gibt, wären diese sehr kurzlebig und könnten in vielen verschiedenen Wegen zerfallen. Eine Entdeckung des Higgs-Teilchens basiert also auf der Untersuchung der Zerfallsprodukte und nicht auf der Beobachtung des Higgs-Teilchens selbst. ATLAS und CMS haben beide mehrere dieser Zerfallskanäle analysiert und in dem Massebereich, der bisher noch nicht ausgeschlossen ist, Ausreißer gesehen.

Betrachtet man diese Ausreißer unabhängig voneinander, so ist statistisch keiner signifikanter, als wenn man beim Würfeln zwei sechsen hintereinander würfelt. Was spannend ist, ist dass es mehrere unabhängige Messungen gibt, die in den Energiebereich zwischen 124 und 126 Gigaelektronenvolt zeigen. Es ist jedoch noch viel zu früh zu sagen, ob ATLAS und CMS das Higgs-Teilchen entdeckt haben, aber die Aktualisierung der Ergebnisse haben großes Interesse unter Teilchenphysikern geweckt.

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Bild: CERN

„In den letzten Wochen konnten wir einen faszinierenden Überschuss an Ereignissen in einem Massenbereich von etwa 125 Gigaelektronenvolt sehen“, erklärt die Sprecherin des ATLAS-Experiments Fabiola Gianotti. „ Dieser Überschuss könnte eine Fluktuation sein, aber es könnte auch etwas Interessanteres sein. Im Moment können wir noch keine Schlüsse ziehen. Wir brauchen mehr Daten und mehr Zeit, um die Daten zu analysieren. In Anbetracht der herausragenden Leistung des LHC, werden wir nicht lange auf Daten warten müssen und können uns darauf freuen die Higgs-Frage im Jahr 2012 zu beantworten.“

Guido Tonelli, Sprecher der CMS-Kollaboration betont: „Wir können ein Higgs-Teilchen, wie es vom Standardmodell vorhergesagt wird, im Bereich zwischen 115 und 127 Gigaeletronenvolt nicht ausschließen, da wir dort einen Überschuss an Ereignissen sehen, der in fünf verschiedenen Zerfallskanälen auftritt. Dieser Überschuss ist vereinbar mit einem Higss-Teilchen mit einer Masse im Bereich von 124 Gigaeletronenvolt und darunter. Für eine definitive Aussage, ist die statistische Signifikanz allerdings noch nicht hoch genug.“
In den kommenden Monaten werden beide Kollaborationen ihre Analysen weiter verfeinern. Eine definitive Aussage zum Higgs-Teilchen wird aber noch mehr Daten erfordern und ist daher erst im Laufe des kommenden Jahres zu erwarten.

Das Standardmodell ist die Theorie, die Physiker nutzen, um das Verhalten der Elementarteilchen und der Kräfte, die zwischen Ihnen wirken zu beschreiben. Das Standardmodell beschreibt gewöhnliche Materie, aus der wir und alles, was wir im Universum sichtbar machen können, sehr gut – diese gewöhnliche Materie macht allerdings nur 4% unseres Universums aus. Die restlichen 96% werden vom Standardmodell nicht beschrieben. Eines der Ziele der Forschung am LHC ist es etwas über die Physik jenseits des Standardmodells herauszufinden. Das Higgs-Teilchen könnte der Schlüssel dazu sein.

Das Higgs-Teilchen, wie es vom Standardmodell vorhergesagt wird, würde eine Theorie bestätigen, die in den 60ern von Wissenschaftlern rund um Peter Higgs, entwickelt wurde. Aber es gibt noch weitere mögliche Formen des Higgs-Teilchens, die an Theorien jenseits des Standardmodells geknüpft sind. Aber auch eine „Standarmodell-Higgs“ könnte durch Feinheiten in seinem Verhalten auf neue bisher unbekannte Physik hinweisen. Solche Feinheiten würden sich aber erst zeigen, wenn man die Zerfälle von sehr vielen Higgs-Teilchen untersucht hat. Ein Higgs-Teilchen, das an Theorien jenseits des Standardmodells geknüpft ist, würde sofort die Tür zu neuer, bisher unentdeckter Physik öffnen. Sollte es hingegen kein Higgs-Teilchen geben, wie es vom Standardmodell vorhergesagt wird, wird dies stark auf neue Physik bei der vollen LHC-Energie von 14 Teraelektronenvolt, die der LHC nach 2014 erreichen wird, hinweisen.

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