29.11.2013

Lehrer lernen Teilchenphysik

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Teilnehmer des Lehrer-Workshops am CERN. Bild: Netzwerk Teilchenwelt

Physiklehrer Gordon Krannich aus Dresden hat ein Wort für die mehrtägige Lehrerfortbildung, die er gerade am CERN erlebt hat: „Fantastisch!“ Alles sei vom Feinsten gewesen, sagt er, die Vorträge, Besuche, Teamarbeit, Betreuung. Am meisten beeindruckt habe ihn die Gigantomanie, wie er sie nennt: „Diese riesigen Anlagen für die allerkleinsten Teilchen. Fantastisch.“

Krannich war einer von 38 Teilnehmern des Lehrerworkshops während der Herbstferien am CERN. Organisiert vom Netzwerk Teilchenwelt und dem German Teachers Programme des CERN, bietet es den Lehrern eine bunte Mischung aus Vorlesungen, Besuchen und Mitmach-Workshops. Im Jahr finden vier deutsche Lehrerprogramme statt, an denen insgesamt rund 140 Lehrer teilnehmen können; die letzte Fortbildung in diesem Jahr hatte die bisher größte Teilnehmerzahl. Die Programme sind Teil des offiziellen Lehrer-Fortbildungskatalogs der meisten deutschen Bundesländer. Lehrer, die sich im Vorwege im Netzwerk Teilchenwelt qualifizieren, indem sie an einer lokalen Astro-/Teilchenphysik-Fortbildung teilnehmen und sich im Netzwerk engagieren, indem sie zum Beispiel eine Masterclass an ihrer Schule organisieren, können die Reise bezahlt bekommen.

In den Vorlesungen erzählen CERN-Forscher von der Suche nach dem Higgs-Teilchen, erklären, wie ein Teilchendetektor aufgebaut ist oder wie Teilchenbeschleunigung funktioniert. Dieses Wissen können die Lehrer dann gleich anwenden und im Rahmen einer Masterclass Protonenkollisionen und die dabei entstehenden Teilchen über deren Signale im ATLAS-Detektor analysieren. Dabei begeben sie sich selbst auf die schwierige Suche nach dem Higgs-Boson. Ein Experiment, das auch im Unterricht leicht umzusetzen ist, bauen die Teilnehmer im Nebelkammer-Workshop: Ein durchsichtige Kunststoffbox, eine schwarze Metallplatte, Trockeneis und ein mit Alkohol getränkter Filz reichen aus um Teilchenspuren als "Kondensstreifen" sichtbar zu machen.

„Viele Lehrer sind im Studium mit Teilchenphysik nur kurz oder gar nicht in Berührung gekommen“, erzählt Julia Woithe, eine der Organisatorinnen. „Das Thema wird aber in immer mehr Bundesländern Teil des Lehrplans.“ Aber die Lehrer kommen nicht, weil sie müssen, sondern weil sie selbst ein großes Interesse an moderner Physik und aktueller Forschung haben. Sie wohnen mitten auf dem Gelände im CERN-Hostel, sind also unmittelbar der Welt am CERN ausgesetzt. „Wir hören immer wieder, dass Lehrer lange von der Motivation zehren, die sie hier im echten Forschungsumfeld erfahren“, sagt Julia Woithe. Und die Lehrer können auch einen Teil dazu beitragen, dass die Kollegen zu Hause von der Fortbildung profitieren: Das Netzwerk Teilchenwelt bezieht interessierte Teilnehmer im Anschluss an den Workshop auch in das Entwickeln von Unterrichtsmaterialien zur Teilchenphysik ein; seit kurzen sogar in Kooperation mit der Joachim Herz Stiftung, mit deren Hilfe in Zukunft Materialien zur Teilchenphysik entwickelt werden und unter anderem über das Portal LEIFIphysik angeboten werden.

Lehrerin Anette Zander aus Aachen erzählt, dass sie sofort zugegriffen hat, als sie von der Fortbildung gehört hat. „In Nordrhein-Westfalen kommt Teilchenphysik jetzt auf den Lehrplan und ich wollte sicherstellen, dass ich nach zehn Jahren als Lehrer-Quereinsteigerin auch noch genug darüber weiß“, sagt sie. „Jetzt muss ich das Thema noch auf die Schüler runterbrechen.“ Aber sie ist zuversichtlich, denn die meisten Schüler finden Teilchenphysik fantastisch.

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