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13.05.2015

CMS und LHCb sehen einen seltenen Teilchenzerfall in kombinierten Daten

LHCb

Teilchenspuren im LHCb-Detektor. Bild: CERN on behalf of LHCb Collaboration

Teilchen sind oft scheue Gesellen und zeigen sich nicht gerne. Die meisten existieren nur für Bruchteile von Sekunden und werden dann zu anderen Teilchen; sie lassen sich in Detektoren oft nur durch die Spuren nachweisen, die ihre Zerfallsprodukte hinterlassen haben. Manche Zerfälle kommen häufig vor, andere nur extrem selten. Ein Kandidat für seltene Zerfälle ist das sogenannte B°S-Teilchen, das sich aus einem Quark und einem Antiquark zusammensetzt. Von einer Milliarde solcher Teilchen zerfallen nur rund vier in zwei Myonen. Das sagt das Standardmodell der Teilchenphysik heraus. Und die Forscher der CMS- und LHCb-Wissenschaftlerteams am Large Hadron Collider LHC können die Vorhersage jetzt offiziell in einem in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Papier bestätigen. Es ist das erste Mal, dass dieser Zerfall gesehen wurde – eine Entdeckung! – und gleichzeitig das erste Mal, dass die beiden Teams gemeinsam ein Paper veröffentlicht haben und dass experimentelle Daten vom LHC in Nature erscheinen.

Ganz vorne mit dabei waren LHCb-Wissenschaftler der TU Dortmund, vom CERN und vom niederländischen Forschungszentrum NIKHEF. Das LHCb-Experiment sucht nach dem Unterschied zwischen Materie und Antimaterie und beobachtet dafür hauptsächlich Vorgänge, die beauty- oder b-Quarks enthalten, wie zum Beispiel das B°S-Teilchen. Für das Nature-Papier mussten sie die Datensätze der beiden sehr unterschiedlichen Ansätze von CMS und LHCb kombinieren und aneinander anpassen. „Dabei haben beide Teams viel voneinander gelernt, und die Kombination der Ergebnisse hilft uns, den Zerfall noch besser zu verstehen“, sagt Johannes Albrecht, Leiter einer Forschungsgruppe an der TU Dortmund. Während der Zusammenlegung der Datensätze haben er und sein Doktorand Maximilian Schlupp die Rechenkapazität der Dortmunder Physik-Fakultät fast eine Woche lang komplett für ihre Analyse beansprucht, so viel Rechenleistung steckt dahinter. „Alle Kollegen haben ihre Rechenjobs für uns zurückgestellt, das war ein echter Freundschaftsdienst unter Kollegen“, sagt Albrecht.

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Johannes Albrecht und Max Schlupp, Forscher an der TU Dortmund, waren an der Suche nach dem seltenen Teilchenzerfall beteiligt. Bild: TU Dortmund

Der Zerfall des B°S-Teilchens ist deshalb so interessant, weil die Forscher ihn genau verstehen müssen, um ihn einerseits von viel weniger seltenen (aber ähnlich aussehenden) und andererseits von noch selteneren Prozessen unterscheiden zu können. Je mehr Daten vorliegen, und je mehr diese Daten von unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet worden sind, desto besser verstehen die Forscher den Prozess und können so leichter erkennen, falls etwas passiert, was von der Vorhersage des Standardmodells abweicht. Das wäre ein bahnbrechendes Ergebnis, weil es Hinweise auf die Existenz der lange gesuchten Supersymmetrie oder anderen Versionen des Higgs-Teilchens geben könnte. Im Moment bestätigt die Entdeckung allerdings die sehr präzisen Vorhersagen des Standardmodells der Teilchenphysik.

Die Daten zeigen auch Hinweise auf den noch selteneren Zerfall eines B°-Teilchens in zwei Myonen, der allerdings noch genauer untersucht werden muss, bevor er als Entdeckung verkündet werden kann. Mit dem Wiederanlauf des LHC im Sommer und den Kollisionen bei fast doppelter Energie warten die Forscher gespannt auf die neuen Daten, die noch mehr Statistik und damit noch mehr Ordnung ins Teilchengewusel bringen werden.

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