Mehr zum Thema
RSS-Feed
25.11.2015

LHC startet in die Schwerionensaison

BleiBlei

So sehen Kollisionen von Blei-Ionen im ALICE-Detektor aus. Seit kreisen wieder Schwerionen durch den LHC. Bild: CERN for the benefit of the ALICE collaboration.

Der Large Hadron Collider ist dafür ausgelegt, dass möglichst viele Protonen bei möglichst hohen Energien aufeinander treffen. Einmal im Jahr flitzen allerdings Schwerionen – Kerne von Blei-Atomen – durch den Tunnel, um in den Detektoren einen Materiezustand herzustellen, wie er in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall geherrscht haben muss. Die Schwerionen-Saison am Large Hadron Collider hat jetzt wieder begonnen.

Der Detektor, der sich auf diese Kollisionen spezialisiert hat, ist der ALICE-Detektor, mit rund 1500 Wissenschaftlern aus über 35 Nationen und 150 verschiedenen Universitäten einer der beiden kleineren Detektoren am LHC. In der fast zweijährigen Betriebspause, die dieses Jahr zu Ende ging, ist er ordentlich aufgerüstet worden und hat mit einem zusätzlichen Kalorimeter, einem komplettierten Übergangsstrahlungsdetektor und einem neuen Triggersystem – eine Art Soft- und Hardware, die in Sekundenbruchteilen entscheidet, welche Kollisionen genauer angesehen werden sollten – jetzt eine noch bessere Sicht auf die Quark-Gluonen-Ursuppe.

Das Quark-Gluon-Plasma ist ein Materiezustand, wie er im Universum heutzutage auf natürliche Art höchstens noch in Neutronensternen vorkommt. Man kann ihn aber an Teilchenbeschleunigern unter Laborbedingungen erzeugen und untersuchen. Er ist deshalb so interessant, weil kleinste Bestandteile der Materie – Quarks – nicht wie üblich aneinander gebunden sind, sondern sich frei bewegen. Auch die Teilchen, die die Quarks zusammenhalten, die sogenannten Gluonen, Überträger der starken Kraft, sind im Quark-Gluon-Plasma ungebunden. Anhand der Art, wie sie sich frei verhalten, können Wissenschaftler Rückschlüsse auf das extrem frühe Universum schließen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Schwerionen im LHC kollidieren, aber die Kollisionsenergie wird in dieser Schwerionen-Saison höher sein als vorher. Dadurch tun sich ganz neue Forschungsmöglichkeiten auf, und auch die Anzahl der Kollisionen und damit die Statistik werden erhöht. Der ALICE-Detektor ist seit dem Umbau noch präziser und kann das Plasma mit einer noch höheren Anzahl von Teilchen beobachten.

„Die erste Saison Schwerionenkollisionen vor der langen Betriebspause hat das Präzisions-Zeitalter für Untersuchungen des Quark-Gluon-Plasma eingeläutet“, sagt ALICE-Forscher Jan Fiete Grosse-Oetringhaus. „Auf diesen Ergebnissen bauen wir mit dieser Runde auf.“ So werden sie zum Beispiel beobachten können, wie zähflüssig das Plasma in Zusammenhang mit der Temperatur ist. Das Plasma dehnt sich nach der Kollisionen aus, kühlt ab und durchläuft dabei Phasen unterschiedlicher Viskosität. Auch die Produktionsrate von einer bestimmten Art von Teilchen ("J/ψ" genannt), die charm-Quarks enthalten, wird ganz genau beobachtet werden, weil diese Teilchen sich im Plasma in ihre Bestandteile auflösen und neu zusammensetzen.

Übrigens ist ALICE nicht der einzige LHC-Detektor, der die Schwerionen beobachtet. Auch ATLAS, CMS und zum ersten Mal LHCb werden Daten nehmen, die dann in einer gemeinsam Arbeitsgruppe verglichen werden.

ˆ