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01.11.2016

Forschen lernen mit ATLAS-Daten

TUDortmund

Studenten der TU Dortmund können ihre Praktika jetzt mit echten Daten vom ATLAS-Detektor machen. Bild: Markus Alex, TU Dortmund

Mit echten Daten des ATLAS-Detektors erhalten Studierende an der TU Dortmund einen Einblick in den Arbeitsalltag von Teilchenphysikern. Im Rahmen eines eintägigen Praktikumsversuchs lernen sie die Werkzeuge und Methoden kennen, die ATLAS-Arbeitsgruppen in ihren Analysen verwenden. Das wird ermöglicht durch das ATLAS Open Data-Projekt, in dem Daten des größten Detektors am LHC online öffentlich zugänglich gemacht und einfache Programme für ihre Auswertung angeboten werden. Die TU Dortmund ist bisher die erste Universität weltweit, die das Projekt direkt in die Lehre einbindet.

Zu einem Physikstudium gehören nicht nur viele Theorie-Vorlesungen, sondern auch sogenannte Praktikumsversuche, in denen im Labor oder am Computer selbst experimentiert und geforscht werden kann. So werden die Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt und erste Praxiserfahrungen ermöglicht. Seit den letzten Semesterferien können Studierende im Master-Studiengang Physik an der TU Dortmund für ihr Fortgeschrittenenpraktikum auch ein Angebot zur Datenanalyse wählen. Besonders daran: anders als in üblichen Praktikumsversuchen wird hier nicht nur mit Werten aus Simulationen, sondern mit Ergebnissen aus einem laufenden Experiment am CERN gearbeitet. Prof. Dr. Kevin Kröninger, der für den Versuch zuständig ist, wollte schon länger eine Veranstaltung zur Auswertung echter Daten anbieten. Als er hörte, dass die ATLAS-Ergebnisse öffentlich gemacht werden sollen, sah er die Chance, seine Idee in die Tat umzusetzen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Dr. Johannes Erdmann und Sonja Bartkowski entwickelte er das Konzept für den Praktikumsversuch. Dabei arbeiteten sie zwar mit den für die Open-Data-Plattform zuständigen Wissenschaftlern der ATLAS-Kollaboration zusammen, mussten jedoch eigene Analysetools entwickeln, die höheren Erfordernissen der Programmierkenntnis entsprechen. „Wir wollten, dass das Ganze nah dran ist an dem, was wir auch in den Arbeitsgruppen machen, deswegen haben wir den Anspruch hinsichtlich des Programmierens ein wenig erhöht“, erklärt Kröninger.

Grundbegriffe der Teilchenphysik und des Programmierens werden bei den Studierenden vorausgesetzt. Sie sollen lernen, wie sie mit einer großen Datenmenge umgehen und wie sie darstellen können, dass ein bestimmter Prozess in den Daten vorhanden ist. Dafür arbeiten sie mit dem jetzt veröffentlichten Datensatz, sowie mit der gleichen Methodik und ähnlichen Programmen wie die ATLAS-Forscher. So bekommen sie einen realistischen Einblick in die Forschungspraxis. Im Praktikum suchen die Studierenden in den vom ATLAS-Experiment aufgezeichneten Daten nach neuer Physik, das heißt nach Prozessen, die sich von den bekannten Prozessen des Standardmodells der Teilchenphysik unterscheiden.

Verschiedene Gründe sprechen für die Verwendung echter Daten in der Lehre: In der Auswertung stellen sich andere Herausforderungen als bei Werten, die beispielsweise in einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation erstellt werden. „Bei Simulationen weiß man ungefähr, was drinsteckt. Bei den echten Daten ist dagegen alles durcheinander, es ist viel schwieriger, eine vorhandene Abweichung zu erklären“, erläutert Kröninger. Zudem sieht er vor allem einen psychologischen Vorteil. „Wir haben versucht, bei den Studierenden die Faszination zu erzeugen, dass sie tatsächlich die Möglichkeit haben, in echten Daten etwas zu finden.“ Das scheint bisher zu gelingen, vier Gruppen haben den Praktikumsversuch bereits absolviert, die Reaktionen sind sehr positiv. Seit Kurzem findet die ATLAS-Forschung auch noch auf anderem Weg Eingang in die Lehre an der TU Dortmund: als praktisches Gegengewicht zum Datenanalyse-Praktikum gibt es neuerdings einen Laborversuch, in dem Studierende Siliziumstreifendetektoren, wie sie auch in ATLAS verbaut werden, testen und untersuchen können.

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