18.04.2017

Ein Hinweis auf Physik außerhalb des Standardmodells?

B-Meson

Schematische Darstellung eines B-Meson-Zerfalls.

In einem Seminar am CERN haben Forscher der LHCb-Kollaboration heute die Ergebnisse einer neuen Messung vorgestellt, die auf Physik außerhalb des Standardmodells der Teilchenphysik hinweisen könnte. Die Wissenschaftler fanden Abweichungen von den Vorhersagen des Standardmodells im Zerfall von bestimmten Teilchen, sogenannten B-Mesonen. Eine Messung in einem ähnlichen Zerfall hatte es bereits vor drei Jahren gegeben, auch damals waren Unregelmäßigkeiten gefunden worden. Bei beiden Messungen konnten jeweils noch nicht genügend Daten genommen werden, um mit ausreichender Sicherheit von einer Entdeckung sprechen zu können.

Ein wichtiger Bestandteil des Standardmodells der Teilchenphysik, das alle bisher bekannten fundamentalen Teilchen und Kräfte enthält, ist die sogenannte Leptonenuniversalität. Leptonen sind Materieteilchen wie Elektronen oder Myonen. Nach dem Standardmodell sollten die fundamentalen Kräfte identisch auf alle Leptonen wirken. Es sollten dann beispielsweise in Zerfällen genauso oft Elektronen wie Myonen entstehen. LHCb testet in verschiedenen Analysen die Vorhersagen der Leptonenuniversalität.

Jetzt haben die Forscher zum zweiten Mal eine mögliche Abweichung von diesem Prinzip gefunden. Eigentlich sollten in einem seltenen Zerfall von B-Mesonen neben einem Kaon genauso oft ein Elektron und ein Positron wie ein Myon und ein Antimyon entstehen. Das war aber bei zwei untersuchten Zerfallskanälen nicht der Fall. Bereits 2014 untersuchten Forscher der TU Dortmund den Zerfall des B+-Mesons. Jetzt wurde der sehr ähnliche Zerfall des B0-Mesons analysiert. Beide Messungen fanden Abweichungen, die zu einem konsistenten Bild führen könnten.

„Es ist vermutlich das Ergebnis des Jahres für LHCb“, sagt LHCb-Forscherin Stephanie Hansmann-Menzemer von der Uni Heidelberg. „Für diese Zerfälle haben wir sehr genaue theoretische Vorhersagen, deswegen sind diese abweichenden Messergebnisse ein potentieller Hinweis auf neue Physik. Zwar haben wir bei beiden Ergebnissen nur begrenzte Sicherheit, dass es nicht nur eine statistische Fluktuation ist, aber sie passen exakt in das Muster, das wir in einigen Zerfällen seit Jahren sehen.“ Falls sich die Zerfallsraten wirklich unterscheiden, könnte das ein Hinweis auf neue schwere Teilchen sein, die den Zerfall beeinflussen und so die Raten verändern. Das könnten beispielsweise ein dem Z-Boson ähnliches Teilchen sein oder ein sogenanntes Leptoquark.

Sowohl die ältere als auch die neue Messung basieren nur auf Daten aus der ersten Laufzeit des LHC bis Ende 2012. In der momentan laufenden zweiten Laufzeit des LHC gibt es mehr Kollisionen und damit mehr Zerfälle von B-Mesonen, die ausgewertet werden können. Die LHCb-Forscher erwarten, mit den Daten der zweiten Laufzeit in den kommenden Jahren bestimmen zu können, ob die Abweichung echt ist oder doch nur Zufall.

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