Mehr zum Thema
RSS-Feed
04.06.2018

Ein Top-(Quark-)Resultat

ttH

Visualisierung einer Kollision mit Top-Quarks und Higgs-Teilchen im CMS-Detektor. Bild: CMS

Wissenschaftlern der ATLAS- und CMS-Forschungsgruppen am Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf ist es erstmals gelungen, die gleichzeitige Erzeugung eines Top-Quarks, des schwersten Elementarteilchens, und eines Higgs-Teilchens unmittelbar zu beobachten. Diese Beobachtung stellt für die Teilchenphysik einen gewaltigen Schritt zu einem besseren Verständnis des Mechanismus dar, der Elementarteilchen Masse verleiht: der Higgs-Mechanismus. Die Wissenschaftler stellen ihre Ergebnisse heute während der Eröffnung des Wissenschaftskongresses LHCP vor, einer der wichtigsten Tagungen auf diesem Gebiet, die diese Woche im italienischen Bologna stattfindet. Forscherinnen und Forscher aus Deutschland spielten bei der Datenanalyse beider experimenteller Kooperationen eine wichtige Rolle.

Das Higgs-Teilchen wurde 2012 am LHC entdeckt. Der Nachweis selbst ist aber lediglich der erste Schritt auf dem Weg zum Verständnis sämtlicher Eigenschaften des neu entdeckten Teilchens. Wissenschaftler wollen nun herausfinden, wie das Higgs-Teilchen mit anderen Teilchen interagiert, um das Rätsel zu lösen, wie genau es ihnen Masse verleiht. Das ist beim Top-Quark, dem massereichsten Elementarteilchen, das bislang beobachtet wurde, besonders schwierig, da es nur selten zusammen mit einem Higgs-Teilchen entsteht – nur etwa einmal unter 7 Milliarden Ereignissen. Außerdem lässt sich seine Wechselwirkung mit dem Higgs-Teilchen nur indirekt anhand von anderen Teilchen beobachten und nachweisen, die bei deren Zerfall entstehen. Die Wechselwirkung des Top-Quarks mit dem Higgs-Teilchen ist allerdings größer als mit jedem anderen Teilchen, gerade weil es so schwer ist. Die Kollision von zwei Protonen würde zwei Top-Quarks erzeugen, eines davon ein Antiquark, sowie ein Higgs-Teilchen, die alle weiter zu anderen Teilchen zerfallen. Das Top-Quark zerfällt zu einem W-Boson und einem Bottom-Quark, während das Higgs-Teilchen beispielsweise in zwei Photonen, vier Leptonen, ein Bottom-Quark und ein Anti-Bottom-Quark oder Paare von W oder Z-Bosonen oder Tau-Leptonen zerfällt.

Die präzise Messung und die Kenntnis der Art und Weise, wie Top-Quarks und Higgs-Teilchen miteinander interagieren, ist deshalb von so entscheidender Bedeutung, weil jede Anomalie im Verhalten der Teilchen ein Hinweis auf etwas Neues und Unerwartetes sein könnte. Bisher wurde keine Abweichung vom sogenannten Standardmodell beobachtet, also von der zugrundeliegenden Theorie, welche die Eigenschaften und die Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Teilchen erklärt. "Diese Messungen von ATLAS und CMS geben einen starken Hinweis darauf, dass das Higgs-Teilchen eine Schlüsselrolle in der Masse des Top-Quarks spielt. Diese Tatsache ist zwar ein wichtiger Bestandteil des Standardmodells der Teilchenphysik, wurde aber erst jetzt mit überwältigender Sicherheit nachgewiesen", sagt Karl Jakobs, Sprecher des ATLAS-Experiments. „Im Augenblick freuen wir uns einfach, diese Wechselwirkung zwischen dem Higgs-Teilen und dem Top-Quark beobachtet zu haben. Wir können uns diese nun genau anschauen und überprüfen, ob wir irgendetwas Unerwartetes sehen“, sagt Judith Katzy vom Forschungszentrum DESY in Hamburg.

ˆ