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Warum brauchen wir den LHC?

„Wir hätten da noch ein paar Fragen...“

Higgs bei CMS

Teilchenspuren im CMS-Detektor.
Grafik: CERN

Der LHC erlaubt es erstmals, unter Laborbedingungen in neue, sehr hohe Energiebereiche vorzustoßen, die man vorher nicht direkt beobachten konnte. Er wird so Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der Beantwortung der Schlüsselfragen der Teilchenphysik unterstützen. In den vergangenen Jahrzehnten haben Physikerinnen und Physiker die Elementarteilchen, aus denen das Universum besteht, und die zwischen ihnen bestehenden Wechselwirkungen immer detaillierter beschrieben. Dieses Wissen ist im Standardmodell der Teilchenphysik zusammengefasst. Das Standardmodell kann allerdings nicht alles erklären. Der LHC mit seinen experimentell gewonnenen Daten soll dazu beitragen, diese Wissenslücken zu füllen. Dabei hat man für die Existenz einiger Phänomene Anhaltspunkte (siehe weiter unten auf dieser Seite: "Was ist Masse?"), während andere Theorien weitgehend spekulativ sind (siehe weiter unten auf dieser Seite: "Gibt es zusätzliche Raumdimensionen?").

Was ist Masse?

Was ist der Ursprung der Masse der Elementarteilchen? Warum haben manche Teilchen gar keine Masse? Eine Antwort könnte der so genannte Higgs-Mechanismus sein. Erstmals 1964 vom britischen Physiker Peter Higgs eingeführt, soll er den Teilchen ihre Masse verleihen. Seine Existenz ist unerlässlich dafür, dass das Standardmodell der Teilchenphysik, das die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen beschreibt, funktioniert. Er erfordert die Existenz des Higgs-Teilchens, dessen Beobachtung in den Experimenten ATLAS und CMS am LHC im Juli 2012 verkündet werden konnte.

Jelly Bean Universe

Die bunten Jelly Beans in diesem Glas stehen für die fünf Prozent des Universums, das wir kennen.
Foto: Fermilab

Woraus besteht das Universum?

Alles, was wir im Universum sehen, von der Ameise bis zur Galaxie, besteht aus gewöhnlichen Teilchen. Diese gewöhnliche Materie macht allerdings nur knapp fünf Prozent des Universums aus. Man nimmt an, dass der große Rest aus Dunkler Materie und Dunkler Energie besteht. Jedoch ist es sehr schwer, diese nachzuweisen und zu untersuchen. Die Erforschung der Eigenschaften von Dunkler Materie und Dunkler Energie ist gegenwärtig eine der größten Herausforderungen für Teilchenphysik und Kosmologie. Die Experimente ATLAS und CMS am LHC suchen nach so genannten supersymmetrischen Teilchen, den derzeit besten Kandidaten für die Dunkle Materie.

Wo ist die Antimaterie?

Wir leben in einer Welt der Materie. Antimaterie ist wie ein Spiegelbild der Materie, aber mit entgegengesetzten Ladungen. Bei der Entstehung des Universums sollte die gleiche Menge von Materie und Antimaterie entstanden sein. Wenn Materie und Antimaterie aufeinander treffen, vernichten sie sich gegenseitig. Dass diese Vernichtung am Anfang des Universums tatsächlich stattfand, können wir heute noch an einer gleichmäßigen Hintergrundstrahlung ablesen, die das ganze Universum ausfüllt. Demnach hätten Materie und Antimaterie einander komplett vernichten müssen. Durch einen noch ungeklärten Vorgang in der Entwicklung des Universums muss jedoch ein winziger Überschuss an Materie übrig geblieben sein, aus der das heutige Universum besteht. Warum die Natur die Materie gegenüber der Antimaterie bevorzugt, wird das LHCb-Experiment am LHC weiter untersuchen.

Wie sah Materie in den ersten Mikrosekunden des Universums aus?

Gewöhnliche Materie im Universum besteht aus Atomen mit einem Kern aus Protonen und Neutronen. Diese Kernbausteine wiederum bestehen aus Quarks, die von Gluonen sehr fest zusammengehalten werden. In der Hitze des frühen Universums waren jedoch Quarks nicht durch Gluonen gebunden. Man vermutet, dass das Universum in den ersten Mikrosekunden nach dem Urknall eine sehr heiße und dichte Suppe aus Quarks und Gluonen war, ein so genanntes Quark-Gluon-Plasma. In diesem Plasma können sich Quarks und Gluonen frei bewegen. Das ALICE-Experiment am LHC wird die Eigenschaften dieses Quark-Gluon-Plasmas analysieren, um herauszufinden, was etwa eine Millionstel Sekunde nach dem Urknall geschah.

Die Experimente ATLAS und CMS dagegen untersuchen unter Laborbedingungen Prozesse, die weniger als eine Pikosekunde – ein Millionstel einer Millionstel Sekunde – nach dem Urknall stattgefunden haben, im Vergleich zum ALICE Experiment noch mehrere Millionen Mal näher am Urknall. Zu dieser Zeit war das Universum etwa eine Milliarde Mal heißer als das Innere der Sonne.

Extra-Dimensionen

Der Seiltänzer kann sich nur in zwei Richtungen bewegen, die Ameisen hingegen in drei.
Grafik: symmetry magazine / Sandbox Studio

Gibt es zusätzliche Raumdimensionen?

Unser gewöhnlicher Raum hat drei Dimensionen. Theorien, die das Standardmodell erweitern, sagen verborgene und noch zu entdeckende Raumdimensionen voraus, die bei sehr hohen Energien eine Rolle spielen könnten. In einigen dieser Modelle sind die zusätzlichen Raumdimensionen so groß, dass man sie mit dem LHC sichtbar machen könnte. Die Daten aus allen Experimenten am LHC werden daher gründlich nach Anzeichen für zusätzliche Raumdimensionen analysiert.

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