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07.06.2016

Die Welt der Beschleunigerphysikerin

Beschleunigerphysikerin Jennifer Jentzsch: Ein Portrait

Jennifer Jentzsch

Jennifer Jentzsch beim Schrauben am ATLAS-Experiment. Bild: Maximilien Brice, CERN

Vier Jahre ist sie schon am CERN und hat innerhalb dieser Zeit an zwei großen Experimenten mitgewirkt: An einer zentralen Komponente des ATLAS-Detektors, den Pixeldetektor und dem sich im Bau befindenden ELENA-Beschleuniger. Das Herz der 29-jährigen Physikerin Jennifer Jentzsch schlägt für die Forschung und den Wunsch Dinge herauszufinden.

„Karriereweg“ CERN

Schon als Sommerstudentin verbrachte Jentzsch aufregende Tage am CERN. Als sich ihr Studium dem Ende neigte entschloss sich Jentzsch ihre Diplomarbeit über ihr Fachgebiet, dem Upgrade eines Teilchendetektors von dem ATLAS-Experiment am CERN zu schreiben. Vor mittlerweile über vier Jahren wurde die gebürtige Berlinerin dann endgültig für ihre Doktorarbeit über den Pixeldetektor des ATLAS-Experiments an das Forschungszentrum bei Genf gelockt. Drei Jahre später beendete die Physikerin ihre Doktorarbeit an der Technischen Universität Dortmund und verließ zeitgleich mit erfolgreicher Fertigstellung des Detektors das Experiment.

Teilchen- oder Beschleunigerphysikerin?

Nach Abgabe ihrer Doktorarbeit und dem erfolgreichen Einbau des Pixel-Detektors musste Jentzsch sich entscheiden. „Ich sah zwei Möglichkeiten für mich: Entweder ich arbeite weiterhin als Teilchenphysikerin und muss mein Wissen innerhalb der Physikanalyse vertiefen – oder ich wechsle das Themengebiet und werde Beschleunigerphysikerin. Nach reichlicher Überlegung entschloss ich mich das Themenfeld zu wechseln: Ich sagte mir, Jenny wenn nicht jetzt, dann nie“, so Jentzsch. Nachdem die Neugier auf die Beschleunigerphysik sie zum Wechsel ermutigte, entschloss sie sich in die Welt der Beschleuniger einzutauchen. Jentzsch bewarb sich mit Erfolg auf eine Stelle als Fellow am CERN und wechselte vom ATLAS-Detektor an die Teilchen-Entschleuniger Antiprotonen Decelerator (AD) und Extra Low ENergy Antiprotonen ring (ELENA).

Jennifer Jentzsch

Jennifer Jentzsch hat an einem der innersten Detektoren des ATLAS-Experiment gearbeitet. Bild: Daniel Dobos, CERN

Vom Beschleuniger zum Entschleuniger

ATLAS ist mit seinen mehr als 3000 Wissenschaftlern von 177 Instituten aus 38 Ländern der größte Teilchendetektor, der jemals an einem Beschleuniger gebaut wurde. Während der großen Betriebspause verbrachte Jentzsch viel Zeit im Reinraum und damit direkt im Herzen des Detektors, um eine neue Sensoranlage für ATLAS fertigzustellen und einzubauen. Die Physikerin hatte sich lange mit dem ATLAS und somit auch mit dem LHC und dem Higgs auseinander gesetzt, mittlerweile jedoch konzentriert sie sich auf die Entschleuniger AD und ELENA. Entschleuniger die Protonen verlangsamen sollen um durch Anti-Materie-Experimente den feinen Unterschied zwischen Materie und Antimaterie zu erforschen.
Jentzsch sorgt mit einem Team an Wissenschaftlern für den „Transport“ der einzelnen Teilchen zu den acht Experimenten, welche sich an dem ELENA-Entschleuniger befinden.
„Der besondere Reiz an diesem kleineren Experiment liegt für mich darin, dass man deutlich näher an dem Geschehen ist und viel mehr Aspekte zu sehen bekommt“, so die Beschleunigerphysikerin.
Dabei legt sie gemeinsam mit ihren Kollegen die ersten Grundsteine für das Verbindungsstück der beiden Entschleuniger – die sogenannten Transferlinien. „Transferlinen nennen wir alles, was einen Strahl von A nach B transportiert. Dabei ist es gleich, ob es sich um Ringe, Quellen oder Experimente handelt“, erläutert Jentzsch.

Wissenschaftler sind Problemlöser

Wenn sich die Physikerin an spannende Ereignisse in den letzten vier Jahren am CERN erinnert, dann muss sie immer wieder an die Bauphase des Pixel-Detektors denken: „Während der Bauphase des Detektors wurde mir immer wieder bewusst, wie viel wir gemeinsam mit unseren Technikern und Ingenieuren erreichen können“, erklärt Jentzsch. Denn während des Baus kam es immer wieder zu Stockungen, Problemen oder Verzögerungen aufgrund von Defekten oder nicht passenden Teilen. Teile, die in den verschiedensten Ländern gefertigt wurden, kamen mit falschen Anschlüssen an oder passten nicht genau auf ein anderes Teil, doch darin lag die Herausforderung – „In einem Wissenschaftler steckt auch immer ein Problemlöser“, so Jentzsch. Am Ende passte alles zusammen und ihr Detektorteil nimmt jetzt fleißig Daten.

Jennifer Jentzsch

Die Teilchenjägerin im Beschleunigertunnel LHC.

Das CERN ist mehr als nur ein Forschungszentrum

Berge: Festes Gestein, dass sich aus der flacheren Umgebung erhebt und in vielen Menschen eine unbeschreibliche Faszination weckt. „Wenn ich nicht im Labor herumrenne oder vor meinem Rechner sitze verbringe ich gerne Zeit draußen in der herrlichen Region rund um den Genfer See. Mich reizen dabei vor allem Wanderungen in den Bergen oder Ausritte zu Pferde in den umliegenden Feldern und Weinbergen“, erzählt sie. Darüber hinaus bietet das CERN seinen Mitarbeitern mehr als nur Arbeit: Die Mitarbeiter können in Clubs an vielen verschiedenen Freizeitaktivitäten teilnehmen. Zudem wird man durch das Aufeinandertreffen von Wissenschaftlern, Ingenieuren und Technikern aus aller Welt und allen Altersstufen zu einem Teil eines riesigen Multikulti-Netzwerkes.

Für Jentzsch wird es dieses Jahr noch spannend: Gegen Ende des Jahres soll ELENA in Betrieb gehen.

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