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07.12.2010

Wie kommen die Protonen in den LHC?

Antwort

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Der CERN Beschleunigerkomplex
Grafik: CERN

Im LHC werden Protonen und Blei-Ionen auf gewaltige Energien beschleunigt. Die Energie der beiden umlaufenden Teilchenstrahlen wird dabei so groß, wie die Bewegungsenergie eines Hochgeschwindigkeitszugs (etwa 360 Megajoule pro Strahl)!

Allerdings erfolgt nur der letzte Schritt der Beschleunigung von 450 Gigaelektronenvolt auf bis zu 7 Teraelektronenvolt im LHC. Vorher werden die Teilchen Schritt für Schritt in insgesamt sechs Beschleunigern vorbeschleunigt.

Wozu werden nun aber die ganzen Vorbeschleuniger benötigt? Sie sind nötig, da vor allem die Magnete der Beschleuniger, die die Teilchen auf ihrer Bahn halten, nur in einem bestimmten Bereich optimal arbeiten. Je größer die Teilchenenergie, desto stärkere Magnetfelder werden benötigt. Dies ist vom Prinzip her ähnlich wie beim Autofahren: Genauso wie sich der 5. Gang nicht besonders gut zum Anfahren eignet, ist auch der LHC zur Beschleunigung von Protonen mit kleinen Energien ungeeignet. Die Kreisbeschleuniger am CERN beschleunigen in der Regel auf etwa das 20-fache der jeweiligen Injektionsenergie, also der Energie mit der die Protonen in den jeweiligen Beschleuniger kommen.
Für die Protonen beginnt die Reise durch den CERN Beschleunigerkomplex in einer Gasflasche wie der in Abbildung 2. In der Flasche befindet sich Wasserstoff, von dem jedes Atom aus einem Proton und einem Elektron besteht. Durch Erhitzen werden manche der Atome aufgespalten. Aufgrund der unterschiedlichen elektrischen Ladung (+e beim Proton und –e beim Elektron) können die Protonen in einem elektrischen Feld von den Elektronen getrennt werden.

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Protonenquelle
Foto: CERN

Die Protonen werden nun im Linearbeschleuniger LINAC2 auf eine kinetische Energie von 50 Megaelektronenvolt beschleunigt. Am Ende haben sie immerhin schon eine Geschwindigkeit von 340.000.000 Kilometer pro Stunde, dies entspricht 31,4% der Lichtgeschwindigkeit.
Von dort aus geht es weiter in den ersten Kreisbeschleuniger, den PS Booster. Dieser beschleunigt die Protonen auf 1,4 Gigaelektronenvolt. Daran schließt sich CERNs ältester Beschleuniger, das über 50 Jahre alte Proton Synchrotron (PS) an, welches die Teilchen auf 26 Gigaelektronenvolt beschleunigt. Nun haben die Protonen schon 99,9% der Lichtgeschwindigkeit erreicht. Weiter geht es im 7 Kilometer langen Super Proton Synchrotron (SPS): Hier werden die Protonen auf 450 Gigaelektronenvolt beschleunigt. Durch insgesamt über 6 Kilometer lange Transferlinien werden die Teilchen anschließend in einen der beiden Ringe des 27 Kilometer langen LHCs injiziert. Es gibt je einen Ring für eine Umlaufrichtung – schließlich sollen die Teilchen gegenläufig beschleunigt und dann in den Detektoren zur Kollision gebracht werden.
Die Beschleunigung durch die ganzen Vorbeschleuniger geht relativ schnell und dauert insgesamt nur wenige Sekunden. Da der LHC aufgrund seiner Größe aber mehrere SPS Füllungen speichern kann, dauert es insgesamt etwa 30 Minuten den LHC zu füllen. Im LHC selber dauert die Beschleunigung auf die Spitzenenergie von zurzeit bis zu 3,5 Teraelektronenvolt pro Strahl etwa 15 Minuten. Anschließend werden die Strahlen an den vier Kollisionspunkten auf einen Strahldurchmesser von bis zu einem Fünftel der Dicke eines Menschenhaars (etwa 17 Mikrometer) verkleinert und in Kollision gebracht (vorher sind die Strahlen separiert, so dass sie sich nicht treffen). Da bei jeder Kreuzung der Strahlen nur wenige Protonen tatsächlich kollidieren, bleibt der Strahl in der Regel etwa 10 bis 15 Stunden im LHC. Dann erst ist die Strahlqualität so schlecht, dass der Beschleuniger neu gefüllt wird. Während dieser Zeit stehen die Vorbeschleuniger natürlich nicht still. Sie liefern Teilchenstrahlen an viele weitere Experimente am CERN.

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Tobias Bär promoviert als Doktorand der Universität Hamburg am CERN. Als Beschleunigerphysiker beschäftigt er sich mit der Operation von LHC und SPS. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, die Maschinensicherheit der Beschleuniger zu gewährleisten.

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