Weitere Informationen
  • ALICE-Experiment
    Informationen zum auf die Kollisionen von Blei-Ionen optimierten Experiment.
  • LHC Computing Grid
    Informationen zum Computernetzwerk mit dem die Wissenschaftler ihre Daten speichern und analysieren.
  • Quark-Gluon-Plasma
    Informationen zu dem Materie-Zustand, dem die Forscher ab November genauer auf die Spur kommen wollen
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04.11.2010

Blei-Ionen im Computernetz

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Struktur des LHC Computing Grids

Bild: DESY

„Die ersten Tage werden superspannend!“, freut sich Silvia Masciocchi, Forscherin am ALICE-Experiment, auf die ersten Kollisionen von Blei-Ionen im November. Spannend wird es, weil es recht schnell erste Ergebnisse geben wird. Zum Beispiel ist noch nicht ganz klar, wie viele geladene Teilchen eigentlich in so einer Kollision von Blei-Ionen entstehen. Antworten auf diese Frage wollen die Forscher innerhalb weniger Tage geben. Damit die bei den ersten Kollisionen genommenen Daten auch schnell ausgewertet werden können, ist es wichtig, dass das Bearbeiten und Verteilen der Daten einwandfrei funktioniert.

Hinter diesem „Bearbeiten und Verteilen“ stecken große Rechenzentren und ein großes Computernetzwerk, das so genannte Grid. Dieses Computernetzwerk ermöglicht es den Forschern auf der ganzen Welt auf die Daten zuzugreifen, die nicht nur lokal an einem Ort, sondern in verschiedenen Ebenen, den so genannten Tiers, gespeichert werden. Die oberste Ebene, das so genannte Tier-0, ist das CERN selbst. Hier werden die Rohdaten gespeichert. In einem ersten Schritt werden die Daten bearbeitet und dann an die verschiedenen Rechenzentren weltweit verteilt. Das deutsche Tier-1 ist das Grid Computing Centre Karlsruhe. Von dort aus werden die Daten dann an die Tier-2, wie zum Beispiel das GSI Helmholtz-Zentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, verteilt, und die Forscher können darauf zugreifen.

Diese Struktur ist wichtig. Schließlich geht es nicht nur darum riesige Datenmengen zu speichern, sondern auch darum sie zu analysieren. Was sind denn aber riesige Datenmengen? Zurzeit hat ALICE die Daten aus Protonenkollisionen gespeichert. Dabei hat ein Ereignis etwa eine Größe von 50 Kilobyte. Für die Kollisionen der Blei-Ionen wird die benötigte Speicherkapazität deutlich größer sein: allein eine computergenerierte Kollision belegt 10 Megabyte – das ist 200-mal mehr Speicher als eine Proton-Kollision einnimmt. In den echten Kollisionen wird die Größe der pro Kollision benötigten Speicherkapazität davon abhängen, wie die Blei-Ionen aufeinander treffen. Die Größen werden zwischen 400 Kilobyte – wenn die Ionen sich nur streifen – und 40 Megabyte – für eine Kollision, in der die Blei-Ionen ganz aufeinander treffen – variieren. Bei einer Größe von 40 Megabyte passen gerade mal 22 Ereignisse auf eine CD – in einer Betriebsperiode werden aber 10 Millionen Ereignisse aufgezeichnet. Die gesamte Datenmenge beläuft sich dann auf etwas zwischen 100 und 1000 Terabyte – und das in nur vier Wochen laufendem Betrieb!

Masciocchi freut sich mit ihren Kollegen in den deutsche ALICE-Gruppen darauf, die Analyse ab sofort auch mit Blei-Ionen und nicht mehr nur mit Protonen machen zu können – schließlich ist der ALICE-Detektor speziell für die Kollisionen der Blei-Ionen geplant worden. Doch Masciocchi beschäftigt sich nicht nur mit der Analyse der Daten. Sie ist auch für den Zugang zu den Daten und das Interface zum Grid verantwortlich, dafür also, dass die Forscher die Daten ungehindert und bestmöglich für ihre Analysen nutzen können. Das Computing Grid ist kein reiner Speicher. Auch die Analysen selbst werden mit diesem Rechnernetz durchgeführt. Schließlich wollen die Forscher auf der Suche nach ihren Ergebnissen so viele Kollisionen wie möglich verwenden, um mit möglichst großen Datenmengen besonders genaue Aussagen treffen zu können – diese Datenmengen lassen sich auf lokalen Festplatten gar nicht bewältigen.

„Wir arbeiten jetzt besonders hart, um für die ersten Kollisionen der Blei-Ionen alles bereit zu haben“, so Masciocchi. Schließlich ist die Energie beim LHC absolut neu und die Forscher warten ganz gespannt auf die ersten Daten.

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