19.12.2014

Die Feuerwehr im Dienste der Wissenschaft

Feuerwehrmann

Hier steht niemand auf dem Schlauch: die CERN-Feuerwehr. (Bild: CERN)

Viele der 11000 Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, über 1100 davon aus Deutschland, die am LHC und den Experimenten forschen, können dies bequem von ihren Universitäten oder Forschungszentren irgendwo auf der Welt tun und reisen nur von Zeit zu Zeit ans CERN. Trotzdem steht dort natürlich der Beschleuniger, von dem ihre Wissenschaft abhängt, und natürlich braucht es eine Menge Infrastruktur, damit der Forschungsladen läuft. Zum Beispiel bereitet die größte der drei CERN-Kantinen täglich rund 1700 Mittagessen vor, die Rechtsabteilung arbeitet Verträge mit Firmen, Medien und ganzen Staaten aus, die Abteilung für „Allgemeine Dienstleitungen“ kann auf einen Katalog von 1000 Experten zurückgreifen, wenn über das Service Desk alltägliche oder ungewöhnliche Anfragen kommen, und technikaffine Marketingexperten suchen nach am CERN entwickelten Technologien, die auch für den Rest der Welt von Nutzen sein könnten. Außerdem gibt es den Betriebsarzt, der von Blutabnehmen bis zur psychologischen Betreuung den Mitarbeitern medizinische Hilfe leistet, und eine CERN-eigene Feuerwehr steht rund um die Uhr für Einsätze bereit. Weltmaschine stellt heute einen von ihnen vor: Feuerwehrann Heiko Clicqué.

„Die CERN-Feuerwehr ist ein echt europäischer Haufen“, sagt Heiko Clicqué, der vor 15 Jahren aus Berlin zum CERN gekommen ist. Zu seinen Kolleginnen und Kollegin gehören neben drei weiteren Deutschen Franzosen, Portugiesen, Spanier, Finnen, Briten und je ein Schwede und ein Italiener. Insgesamt gibt es 48 Feuerwehrleute, darunter vier Frauen, „im Einsatz“, plus eine Chefetage, die sich um Logistik, Planung und Projekte kümmert.

Eine Feuerwehr in einem riesigen Forschungszentrum mit Anlagen, die einmalig auf der Welt sind und dementsprechend einmalige Gefahren bergen, muss ganz besonders viel wissen. Was ist zu tun, wenn es im Beschleuniger brennt? Wie wirkt sich Strahlung aus? Welche Chemikalien werden wo eingesetzt und wie geht man mit elektrischen Gefahren um? Wie sichert man Arbeiten in den riesigen Detektoren? Es dauert ungefähr sechs Wochen, bis ein Neuzugang in der CERN-Feuerwehr für die Herausforderungen ausgebildet ist. „Feuer löschen können alle, die hier anfangen, aber diese Sonderausbildung machen wir selbst“, erzählt Clicqué.

Heiko Clicque bei einer Übung

Auch Feuerwehrmänner müssen trainieren: Heiko Clicqué bei einer Übung. Bild: CERN

Wenn es irgendwo brennt – im übertragenen wie im Wortsinn – rückt zunächst die CERN-Feuerwehr aus, und kann in den meisten Fällen schon die Gefahr bannen. „Wir kennen uns auf dem Gelände und in den Anlagen aus und sind schnell vor Ort, so dass wir nur selten Hilfe von außen dazu holen müssen. Neulich ist ein Trafo durchgebrannt, das CERN hatte drei Stunden keine Strom – aber wenn wir nicht so schnell vor Ort gewesen wären, hätte man vermutlich den Neustart des LHC verschieben müssen“, sagt der Sektionsleiter stolz.

Pro Tag rückt die Feuerwehr 10- bis 12-mal aus. Am häufigsten bieten die Feuerwehrleute anderen Arbeitsschutz, indem sie zum Beispiel die Luftbedingungen vor Arbeiten in schwer zugängigen Orten messen. Jeder Gas- und Feueralarm muss überprüft werden, und wenn es in Genf stark regnet, kann die Feuerwehr ihre Pumpen bereithalten, denn auf dem Gelände gibt es regelmäßig Überschwemmungen. „Wir liegen irgendwo zwischen Hausmeistern, Mädchen für alles und Feuerwehr“, lächelt Clicqué. Rettungseinsätze gehören zu den selteneren Aufgaben. Seinen letzten Rettungseinsatz wird er nicht so schnell vergessen: Ein Hirsch hatte sich auf dem Gelände in einem Zaun verfangen und konnte sich nicht aus eigener Kraft befreien. „Mit sechs Mann haben wir auf dem Hirsch zur Beruhigung eine Decke über den Kopf geworfen, auf ihm gelegen und ihn festgehalten, zwei weitere haben den Zaun aufgeschnitten“, sagt Clicqué. Der Hirsch konnte unverletzt wieder in den Wald zurück laufen.

Und während die meisten Forscher in den zwei Wochen, die das CERN über Weihnachten und Neujahr geschlossen ist, zu Hause mit ihren Familien feiern, gehen die Schichten in der Feuerwache weiter.

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