17.01.2014

Viel zu entdecken

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Viele LHC-Wissenschaftler arbeiten in diesem Gebäude an der Analyse der LHC-Daten. Foto: CERN

Im Jahr 2012 haben die beiden LHC-Experimente ATLAS und CMS gemeinsam die Entdeckung des lang gesuchten Higgs-Teilchens verkündet. Im Jahr 2013 bekamen die „Väter“ dieses Teilchen, die theoretischen Physiker Francois Englert und Peter Higgs, den Nobelpreis für ihre Arbeit verliehen. 2014 wird ohne ein solches Highlight auskommen müssen. Doch die Arbeit am CERN steht nicht still, weil der Beschleuniger stillsteht; im Gegenteil arbeiten Techniker und Ingenieure nach einem festen und randvollen Terminplan.

Der Large Hadron Collider hängt am Ende einer langen Beschleunigerkette. Er ist sozusagen der höchste Gang, und Beschleuniger wie der so genannte LINAC 2, der Booster, das PS oder das SPS sind Gänge Nummer 1, 2, 3 und 4. Auch an diesen Beschleunigern werden Wartungs- und Reparaturarbeiten durchgeführt; zum Beispiel wird das Super Proton Synchrotron (SPS) gerade mit neuen Kabeln ausgestattet. Im Juni stehen dann die ersten Tests an, so dass der Beschleuniger ab Oktober wieder für die Wissenschaft zur Verfügung steht. Das SPS ist nicht nur der 4. Gang der CERN-Beschleunigerstrecke, sondern versorgt auch Physik-Experimente und viele Teststände mit Teilchen.

In den „niedrigeren Gängen“ stehen erneuerte Zugangssysteme und Test für Magneten und Stromversorgung an. Auch die Antimaterie-Werkstatt, der „Antiproton Decelerator“ oder AD, wird in der Betriebspause aufgerüstet und soll zusammen mit dem Booster ab Juni wieder langsam anlaufen.

Im LHC selbst herrscht ebenfalls Hochbetrieb. Viele der vorgesehen Arbeiten, die dafür sorgen, dass er ab 2015 mit doppelter Energie laufen kann, sind bereits abgeschlossen, einige sogar vor dem geplanten Datum. Diesen Monat beginnen bereits erste Test: sie überprüfen, ob die neuen Druckluftventile, die während der letzten Monate eingebaut wurden, nach Plan funktionieren. Das Ausbessern der Magnetverbindungen geht gleichzeitig weiter. Im Oktober soll der LHC sich dann wieder auf seiner Betriebstemperatur von -271 Grad Celsius befinden – der Abkühlprozess allein dauert mehrere Wochen. Alle Tests sollen bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Die vier großen Detektoren ALICE, ATLAS, CMS und LHCb folgen dem Zeitplan des Beschleunigers; auch hier wurden viele Reparaturen Verbesserungen gemacht, um sie für den Betreib bei höheren Energien vorzubereiten. Ab November werden ATLAS und CMS wieder betriebsbereit sein, dicht gefolgt von ALICE und LHCb. Der Umbau des leistungsstärksten Beschleunigers der Welt und seiner riesigen Detektoren erfordert ein unglaubliches Maß an Logistik und Planung – viele Prozesse hängen davon ab, dass vorher andere Prozesse abgeschlossen wurden, und ohne funktionierenden Beschleuniger können die Detektoren keine Daten nehmen, während ein funktionierender Beschleuniger ohne funktionierende Detektoren auch keine physikalischen Ergebnisse liefern kann. Die Betriebspause erinnert an ein großes, ausgeklügeltes Technikballett.

In der Zwischenzeit sind auch die Physiker, die nicht aktiv an den Umbau- und Wartungsarbeiten beteiligt sind, nicht träge. Sie sitzen über den Daten, die bis 2013 genommen wurden, schreiben Analysen und bereiten neue Simulationen für höhere Kollisionsenergien vor, um die Datenanalyse für das nächste Jahr optimal vorzubereiten. Immerhin, so CERN-Physikerin Paulin Gagnon in ihrem Blog, gibt es „noch ein ganzes Universum zu entdecken“ – denn mit dem gefundenen Higgs-Teilchen sind gerade mal fünf Prozent unseres Universum entdeckt. 95% liegen noch vor uns, und das nächste Entdeckungs-Ziel ist die Dunkle Materie, die sich vielleicht in den nächsten Jahren im LHC zeigen wird.

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