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27.03.2014

Zum ersten Mal Streuung von W-Bosonen beobachtet

Neue Ergebnisse zur Streuung von W-Bosonen auf der DPG-Tagung in Mainz vorgestellt

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So zeigt sich die Streuung von W-Bosonen im ATLAS-Detektor. Bild: ATLAS-Kollaboration

Ganz frisch sind die Ergebnisse, die Anja Vest und Ulrike Schnoor auf der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Mainz präsentieren. So frisch, dass erst am Tag des Vortrags die Kollegen der ATLAS-Kollaboration die Ergebnisse nach der Begutachtung frei gegeben haben. Bis dahin war nicht klar, ob die beiden die neuen Resultate überhaupt zeigen können. Doch jetzt ist es offiziell: ATLAS hat als erstes Experiment weltweit die Streuung von W-Teilchen aneinander gemessen.

W-Teilchen sind die Austauschteilchen der schwachen Kraft und ihre Streuung ist einer der zentralen Prozesse, den die Wissenschaftler am LHC untersuchen wollen. „Der Prozess kann uns viel über das Higgs verraten“, erklärt Michael Kobel, Professor an der TU Dresden. „Auf lange Sicht können wir über diesen Prozess die Eigenschaften des Higgs-Teilchens ganz genau untersuchen. Da wir dafür aber deutlich mehr Daten benötigen, werden bis dahin noch einige Jahre vergehen.“ Doch die Begeisterung, die Streuung jetzt gesehen zu haben, ist groß.

„In meiner Doktorarbeit wollte ich von Anfang an die Streuung von Ws untersuchen“, erzählt Ulrike Schnoor, Doktorandin an der TU Dresden. „Ich habe die Analyse begonnen, als noch nicht klar war, ob es das Higgs gibt. Ohne Higgs wäre man sicher gewesen, in dieser Streuung etwas Neues jenseits der Theorie des Standardmodells zu finden.“ Denn: Ohne Higgs-Teilchen tritt in der theoretischen Beschreibung der Streuung ein Problem auf: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie passiert, ist größer als 100%. Ein Widerspruch in der Theorie, der die Untersuchung im Experiment besonders interessant für die Forscher gemacht hätte. Aber: „Auch mit dem Higgs-Teilchen ist die Streuung der W-Teilchen immer noch spannend. Das Higgs-Teilchen ist an dem Prozess beteiligt und reduziert die Wahrscheinlichkeit für die Streuung, so kann uns eben dieser Prozess helfen die Eigenschaften des Higgs-Teilchens genau zu verstehen.“ Denn seit der Entdeckung des Higgs-Teilchens geht für die Forscher die eigentliche Arbeit erst richtig los – viele Fragen sind noch zu klären: Ist das Higgs-Teilchen elementar? Oder besteht es aus kleineren Bausteinen? Ist es das Higgs-Teilchen des Standardmodells? Oder gibt es noch weitere, schwerere Higgs-artige Teilchen, wie sie zum Beispiel die Theorie der Supersymmetrie vorhersagt? All das könnte Einfluss auf die Streuung haben.

18 Mal haben die Forscher von ATLAS Anzeichen der Streuung bisher gesehen. Die Wahrscheinlichkeit, eine solche Anzahl nur aus zufälligen Untergrundprozessen zu erhalten, ist 1:3000 Überraschend war für einige, dass die Analyse bereits mit den Daten mit einer Schwerpunktsenergie von 8 Teraelektronenvolt von vor der langen Betriebspause LS1 funktioniert. „Es ist aber klar, dass wir nach dem Wiederanlaufen im nächsten Jahr mit der höheren Schwerpunktsenergie mehr Streuungen sehen und im Laufe der nächsten Jahre immer genauere Ergebnisse bekommen werden“, erklärt Kobel. Bisher entspricht die Messung der Forscher den Erwartungen des Standardmodells, das 14 solcher Streuereignisse in der vorhandenen Datenmenge vorhersagt. Doch wer weiß, vielleicht deckt gerade dieser Prozess in den nächsten Jahren besondere Eigenschaften des Higgs-Teilchens auf.

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