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04.02.2016

YETS gegen den Kabelsalat

AbsorberLHC

Ein Strahlabsorber auf dem Weg zu seiner neuen Arbeitsstätte. Bild: CERN

Die Beschleuniger stehen still, die Detektoren ruhen sich aus… trotzdem ist am LHC und seiner Kette von Vorbeschleunigern gerade alles andere als Winterschlaf angesagt. Es ist gerade YETS – technische Betriebspause zum Jahresende oder auch Year-End Technical Stop, und Hunderte von Technikern und Wissenschaftlern nutzen die Zeit, um Beschleuniger und Detektoren zu reparieren, auszubessern und aufzurüsten. Ende März soll es wieder Kollisionen geben.

Das große und leistungsstarke Teilchenbeschleuniger LHC, der Large Hadron Collider am CERN in Genf, ist zwar das Flaggschiff der Teilchenphysik, aber ohne eine Kette von kleineren Vorbeschleunigern könnten niemals Teilchen in ihm kreisen. Ein Auto kann ja auch nicht im 5. Gang anfahren, sondern braucht die anderen Gänge, um in Fahrt zu kommen.

Diese Vorbeschleuniger sind zum Teil über 50 Jahre alt, aber dank regelmäßiger Wartungen in längeren und kürzeren Betriebspausen immer noch fit. Einer der ersten Beschleuniger der Kette, der PS Booster, ist seit 1972 in Betreib. Im Laufe der Zeit wurden hier neue Kabel gezogen und eingesetzt, aber nicht immer die alten entfernt. Für eine für die Zukunft geplante große Aufrüstung der Anlagen muss aber Platz für neue Kabel sein. Diesen Winter haben also 60 Leute über acht Wochen lang 3000 Kabel detailliert überprüft – das entspricht rund 150 Kilometern. Die 2400 so gefundenen nicht mehr benötigten Kabel wurden zunächst einmal getrennt und sollen dann in einer nächsten Betriebspause entfernt werden.

Kabel verlegt wurden im nächsten „Gang“ der Beschleunigerkette, dem PS oder Proton-Synchrotron. Sie erweitern das digitale Kommunikationsnetz im LHC-Komplex. Der PS soll schon in der nächsten Woche wieder für den Betrieb vorbereitet werden. Im nächsten Glied der Kette, dem SPS oder Super Proton Synchrotron, das dieses Jahr seinen 40. Geburtstag feiert, werden 16 Magnete ausgetauscht; 14 davon sind bereits an Ort und Stelle. Auch hier fanden die Techniker 7000 nicht mehr gebrauchte Kabel.

Im 27 Kilometer langen LHC selbst muss neben einigen kleineren Beschleuniger-Bauteilen ein fehlerhaftes Teil des Kühlsystems, eine sogenannte Cold Box, repartiert werden, außerdem werden zwei neue Strahlabsorber in den Verbindungstunneln zwischen LHC und SPS eingesetzt, die in der nächsten großen Phase des LHC zum Einsatz kommen werden: dem für das nächste Jahrzehnt geplanten High-Luminosity LHC, der nach einem massiven Umbau von Beschleunigern und Detektoren zehn Mal so viele Kollisionen verspricht wie jetzt. Für ihn müssen auch die Vorbeschleuniger auf den neuesten Stand gebracht werden – unter anderem mit neuen Kabeln.

Der High-Luminosity LHC war auch Thema bei einem Treffen von Beschleuniger- und Detektorexperten, das jedes Jahr im französischen Chamonix stattfindet. Neben einem Rückblick auf das vergangene Jahr – kurz zusammengefasst gab es kleinere und größere Probleme, von denen die meisten gelöst wurden – planen sie das kommende Jahr und schauen auch weiter in die Zukunft, denn Großprojekte brauchen lange Vorlaufzeit. Der LHC soll zunächst bis Ende 2018 Daten sammeln, geht dann wieder in einen zweijährigen Stopp („LS2)“, um 2021 wieder anzulaufen. Nach drei Jahren Betrieb folgen dann wieder zweieinhalb Jahre Pause, und danach geht es mit einem komplett aufgerüsteten System und extrem hoher Kollisionsrate im „High-Luminosity LHC“ weiter.

Wenn der LHC im März seinen Betrieb wieder aufnimmt, ist aber zunächst eine der großen Herausforderungen das Bändigen der Elektronenwolke (mehr dazu hier), damit die Experimente viele Kollisionen aufzeichnen können, in denen dann hoffentlich die nächste Entdeckung steckt...

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