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26.11.2019

Hängen Materie und Antimaterie zusammen?

BASE-Experiment

Antimaterie-Forscher Stefan Ulmer vor dem BASE-Experiment. Bild: CERN

Das Universum hat für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch viele Geheimnisse parat. Zum Beispiel woraus die Dunkle Materie besteht, die einen Großteil der Materie im Universum ausmachen muss, oder woher das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie kommt, die eigentlich zu gleichen Teilen beim Urknall entstanden sein müssten. Das Team des BASE-Experiments am CERN hat jetzt in Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Institut Mainz diese beiden Geheimnisse zusammengeworfen und untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen dieser Materie-Antimaterie-Asymmetrie und der Dunklen Materie gibt.

Um die Spannung nicht zu groß zu machen: sie haben (noch) keinen Zusammenhang entdeckt. Aber sie haben den Raum, wo sich eine Interaktion abspielen könnte, eingeschränkt, was die Suche für nachfolgende Experimente erleichtert. Ihre Ergebnisse haben die Forscher in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Dunkle Materie wurde bisher noch nicht nachgewiesen und es gibt verschiedene Theorien, aus welchen Teilchen sie bestehen könnte. Einer dieser Dunkle-Materie-Kandidaten ist das Axion, ein besonders leichter, scheuer und wenig wechselwirkender Geselle. Da sie laut Theorie auch stabil sind, wären die während des Urknalls produzierten Axionen immer noch im ganzen Universum vorhanden. Axionen waren ursprünglich als eine Lösung für besondere Eigenschaften einer der fundamentalen Kräfte im Universum vorgeschlagen worden, ihre Existenz wird aber auch durch viele Theorien jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik vorhergesagt, insbesondere durch Superstringtheorien.

„Die so genannte Wellen-Teilchen-Dualität der Quantenmechanik würde dazu führen, dass das Axionfeld der Dunklen Materie mit einer Frequenz proportional zur Masse des Axions schwingt“, erklärt Stefan Ulmer, Sprecher des BASE-Experiments. „Diese Schwingung würde die Intensität der Wechselwirkungen dieses Feldes mit Materie und Antimaterie im Labor variieren und zu periodischen Schwankungen ihrer Eigenschaften führen.“

Laborversuche mit gewöhnlicher Materie haben bisher keinen Beweis für diese Schwingungen erbracht. "Bisher haben Wissenschaftler in Präzisionsexperimenten bei niedrigen Energien stets Materie-basierte Proben benutzt, um an ihnen eine Interaktion mit Dunkler Materie nachzuweisen", sagt Christian Smorra von der Uni Mainz. "Wir suchen zum ersten Mal explizit nach einer Wechselwirkung zwischen Dunkler Materie und Antimaterie. Die meisten Studien gehen von einer symmetrischen Wechselwirkung der Dunklen Materie mit Teilchen und Antiteilchen aus. Wir überprüfen in unserer Studie, ob das wirklich der Fall ist."

In ihrer Studie suchten die Forscher nach den Schwingungen in der Drehbewegung des magnetischen Moments oder "Spin" des Antiprotons. Um die Schwingungen zu finden, nutzen die Forscher Antiprotonen aus der Antimateriefabrik AD des CERN. Diese Anlage heißt eigentlich Antiprotonen-Entschleuniger (Antiproton Decelerator AD), hat sich den Künstlernamen „Antimateriefabrik“ übrigens redlich verdient: sie ist der einzige Ort auf der Welt, an dem täglich Antiprotonen hergestellt werden!

In einem Gerät namens Penningfalle eingesperrt können Antiprotonen nicht mit gewöhnlicher Materie in Berührung kommen (was fatal wäre, weil sie sich gegenseitig in einem Lichtblitz vernichten würden). Aus der Falle wurde ein einzelnes Antiproton in eine hochpräzise Multi-Penningfalle hineingelassen, um den Spin-Zustand zu messen und umzukehren. Das passierte fast tausend Mal über einen Zeitraum von etwa drei Monaten. Durch die Suche nach regelmäßigen Zeitvariationen der einzelnen Messungen konnten sie jede mögliche Axion-Antiproton-Interaktion für viele Werte der Axionmasse untersuchen.

Die BASE-Forscher konnten keine solchen Abweichungen in ihren Messungen feststellen, die eine mögliche Axion-Antiproton-Interaktion aufzeigen würden. Das Fehlen dieses Signals erlaubte es ihnen jedoch, die Axion-Antiproton-Wechselwirkungsstärke für eine Reihe möglicher Axiomassen nach unten zu begrenzen, also den Suchraum zu verkleinerm.

Künftig will das Team die Genauigkeit bei der Messung weiter verbessern, um die Antimaterie-basierte Suche nach Dunkler Materie noch empfindlicher zu machen. Hierzu werden an der Uni Mainz in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg und dem japanischen Forschungszentrum RIKEN neue Kühlmethoden für Protonen und Antiprotonen entwickelt, während eine Gruppe von Wissenschaftlern an der PTB Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover und RIKEN derzeit Methoden zur Quantenlogik-Spektroskopie des Antiproton-Spins entwickelt. Außerdem denken die Forscher darüber nach, ähnliche Studien mit anderen Antiteilchen durchzuführen, zum Beispiel mit Positronen oder Anti-Myonen.

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