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07.04.2021

Neue Teilchen oder Kräfte am Horizont?

Physikwelt schaut gespannt auf Ergebnisse des Muon g-2-Experiments am US-amerikanischen Fermilab

Beschleunigerring von oben

Blick auf den Beschleuniger und das Muon g-2-Experiment. Bild: Reidar Hahn, Fermilab

„Heute ein ganz besonderer Tag“, freut sich Martin Fertl, Physikprofessor an der Universität Mainz und Forscher am Muon g-2-Experiment am Fermilab nahe Chicago, USA. „Wir können ein erstes Ergebnis verkünden und gleichzeitig sagen, dass dieses Ergebnis die Tür zu einer bisher unbekannten Physik noch weiter geöffnet hat.“ Das Experiment hat seit Tagen die Gerüchteküchen der Physikwelt in Atem gehalten. Vor der offiziellen Verkündung der ersten Ergebnisse von Muon g-2 wurde im Vorwege viel spekuliert, ob sie wohl etwas Neues offenbaren oder frühere Hinweise sich doch nicht bestätigen würden. Gute Nachrichten: Es sieht ganz nach etwas Neuem aus! Noch reichen die Daten allerdings noch nicht ganz aus, um von einer Entdeckung zu sprechen.

Das neue Ergebnis bezieht sich auf eine ganz bestimmte physikalische Größe, die schon in der Vergangenheit für viel Kopfzerbrechen gesorgt hat: das magnetischen Moment des Myons. Das Myon ist ein schwerer Verwandter des besser bekannten Elektrons. Sein magnetisches Moment – eine Art innerer Magnet und Drehimpuls, die auch das Elektron besitzt – hat einen Wert, der etwas höher als 2 ist (daher auch die 2 im Namen des Experiments). Dies haben vorherige Untersuchungen herausgefunden. Es gibt sehr genaue Vorhersagen in der grundlegenden Theorie, dem Standardmodell der Teilchenphysik, wie der Wert von 2 abweicht. Mit dem Muon g-2-Experiment können Physikerinnen und Physiker jetzt noch genauer als jede Vorhersage den Wert messen. Jede Abweichung von der Vorhersage deutet darauf hin, dass bisher unbekannte teilchenphysikalische Größen – zum Beispiel neue Teilchen oder Kräfte – dafür verantwortlich sein müssen. So könnte es sich zum Beispiel um schon lange gesuchte supersymmetrische Teilchen handeln, oder Kandidaten für dunkle Materie.

Martin Fertl und seine Mainzer Gruppe, die am Exzellenzcluster PRISMA+ forscht, haben wichtige Beiträge zu den Präzisionsmessungen am Experiment geleistet. „Wir erreichen bereits bei unserer ersten Analyse eine Genauigkeit, die schon etwas besser ist als bei dem Vorgängerexperiment – und haben dazu erst weniger als 6 Prozent des geplanten Datensatzes ausgewertet“, erklärt Fertl. Am Ende soll mit dem Muon g-2 Experiment eine viermal höhere Genauigkeit der Messungen erreicht werden, was das Rätsel des abweichen magnetischen Moments endgültig klären sollte.

Mehr dazu in der Pressemeldung der Uni Mainz.

In der Muon g-2-Kollaboration arbeiten mehr als 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von 35 Institutionen aus sieben Ländern. Das Experiment besteht aus einem Speicherring, der am US-amerikanischen Forschungslabor Fermilab nahe Chicago betrieben wird, um den herum hochpräzise Detektoren die abgestrahlten Teilchen registrieren.

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