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22.04.2022

Die Weltmaschine läuft wieder! Large Hadron Collider neugestartet

Nach mehrjähriger Pause für Ausbauarbeiten zirkulieren wieder Protonenstrahlen um den 27 Kilometer langen Ring des Beschleunigers

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Eine Kette von LHC-Dipolmagneten im Inneren des Tunnels am Punkt 1 (ATLAS) gegen Ende des Long Shutdown 2 (LS2). Wenn der Large Hadron Collider (LHC) mit Lauf 3 beginnt, wollen die Betreiber die Energie der Protonenstrahlen auf beispiellose 6,8 TeV erhöhen. (Bild: CERN)

Der größte und leistungsstärkste Teilchenbeschleuniger der Welt ist nach einer mehr als dreijährigen Pause für Wartungs- und Modernisierungsarbeiten wieder in Betrieb genommen worden. Heute, am 22. April, um 12.16 Uhr, zirkulierten zwei Protonenstrahlen mit einer Injektionsenergie von 450 Milliarden Elektronenvolt (450 GeV) in entgegengesetzten Richtungen um den 27 Kilometer langen Ring des Large Hadron Colliders.

„Diese Strahlen zirkulierten mit der Injektionsenergie und enthielten eine relativ geringe Anzahl von Protonen. Bis zu hochintensiven, hochenergetischen Kollisionen wird es noch ein paar Monate dauern“, sagt Rhodri Jones, Leiter der Abteilung „Beams“ am CERN. „Aber die ersten Strahlen bedeuten den erfolgreichen Neustart des Beschleunigers nach viel harter Arbeit während der langen Betriebspause.“

„Während der zweiten langen Betriebspause des CERN-Beschleunigerkomplexes wurden die Maschinen und Anlagen umfassend modernisiert“, sagt Mike Lamont, Direktor für Beschleuniger und Technologie am CERN. „Der LHC selbst wurde einem umfangreichen Konsolidierungsprogramm unterzogen und wird nun mit einer noch höheren Energie arbeiten. Dank wichtiger Verbesserungen im Injektorkomplex wird er deutlich mehr Daten für die verbesserten LHC-Experimente liefern.“

Im Oktober 2021 zirkulierten für kurze Zeit Pilotstrahlen im LHC. Die heute zirkulierenden Strahlen markieren jedoch nicht nur das Ende der zweiten langen Betriebspause des LHC, sondern auch den Beginn der Vorbereitungen für die vierjährige Aufnahme von Messdaten, den sogenannten „Run 3“, die voraussichtlich im Juli beginnen wird.

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Bild der ersten Protonenstrahlen im LHC-Beschleuniger nach einer mehr als dreijährigen Betriebspause. (Bild: CERN)

Bis dahin werden die LHC-Expert:innen rund um die Uhr daran arbeiten, den Beschleuniger schrittweise wieder in Betrieb zu nehmen und die Energie und Intensität der Teilchenstrahlen zu erhöhen, bevor sie den Experimenten Kollisionen mit einer Rekordenergie von 13,6 Billionen Elektronenvolt (13,6 TeV) liefern.

Beim Run 3 werden die Experimente der Anlage Daten aus Kollisionen nicht nur mit einer Rekordenergie, sondern auch in einer noch nie dagewesenen Anzahl sammeln. Die Experimente ATLAS und CMS werden in diesem Physiklauf mehr Kollisionen erhalten als in den beiden vorangegangenen Physikläufen zusammen, während LHCb, das während der Abschaltung komplett überarbeitet wurde, auf eine Verdreifachung seiner Kollisionszahl hoffen kann. ALICE, ein Spezialdetektor für die Untersuchung von Schwerionenkollisionen, kann dank einer kürzlich abgeschlossenen umfassenden Aufrüstung mit einer vier- bis fünffachen Steigerung der Gesamtzahl der beobachteten Ionenkollisionen rechnen.

Die bisher nie dagewesene Anzahl von Kollisionen wird es internationalen Physikteams am CERN und in der ganzen Welt ermöglichen, das Higgs-Teilchen im Detail zu untersuchen und das Standardmodell der Teilchenphysik und seine verschiedenen Erweiterungen den bisher genauesten Tests zu unterziehen.

Zu den weiteren Dingen, auf die man sich in Run 3 freuen kann, gehören der Betrieb von zwei neuen Experimenten, FASER und SND@LHC, die auf die Suche nach physikalischen Phänomenen jenseits des Standardmodells abzielen; spezielle Proton-Helium-Kollisionen, um zu messen, wie oft die Antimaterie-Gegenstücke von Protonen in diesen Kollisionen erzeugt werden; und Kollisionen mit Sauerstoff-Ionen, die das Wissen der Physikerinnen und Physiker über die Physik der kosmischen Strahlung und des Quark-Gluon-Plasmas verbessern werden, einem Materiezustand, der kurz nach dem Urknall existierte.

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