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05.04.2023

CMS veröffentlicht die erste Messung bei Rekord-Kollisionsenergie

Neue in der DESY-CMS-Gruppe entwickelte Methode ermöglicht superschnelle Ergebnisse

Darstellung eines Kollisionsevents im Teilchendetektor CMS

Ein Kollisionsereignis, bei dem ein Top-Quark-Paar erzeugt und vom CMS-Detektor aufgezeichnet wird. Bild: CMS / CERN

Die CMS-Gruppe am Forschungszentrum DESY hat gerade die erste physikalische Messung am Large Hadron Collider (LHC) am CERN bei 13,6 Teraelektronenvolt (TeV), der höchsten jemals erreichten Energie, abgeschlossen. Sie haben Paare von Top-Quarks und Antiquarks untersucht, die in Proton-Proton-Kollisionen entstehen. Das DESY-Team hat eine neue Analysestrategie entwickelt und implementiert, die es möglich macht, die Qualität der vom CMS-Experiment gesammelten Daten effizient zu überprüfen. Dies ist nicht nur eine wichtige Information für die CMS-Kollaboration zu Beginn einer neuen Datennahmeperiode, sondern ermöglichte es der DESY-Gruppe auch, den Produktionsquerschnitt zu messen und damit das erste physikalische Ergebnis bei der neuen LHC-Energie zu erzielen. Über die Messung wurde erstmals im September 2022 berichtet, und ein entsprechendes Papier wurde gerade beim Journal of High Energy Physics (JHEP) eingereicht.

Von 2019 bis 2022 war der LHC in einer Wartungsphase, in der der Beschleuniger und die Experimente in zahlreichen Schritten modernisiert wurden. Im Sommer 2022, dem Beginn des dritten LHC-Laufs, wurden die LHC-Kollisionen mit Rekordenergie wieder aufgenommen. Natürlich wollten die Wissenschaftler:innen die neuesten Daten sofort auswerten. Eine ideale Gelegenheit, um eine neuartige Datenanalysetechnik einzusetzen...
Wenn ein Detektor Informationen über eine Kollision aufzeichnet, wandeln Physiker:innen normalerweise die Rohdaten in die rekonstruierten Flugbahnen und Energien der nachgewiesenen Teilchen um. Eine solche Rekonstruktion wird sowohl für Daten als auch für Simulationen durchgeführt. Das Rekonstruktionsverfahren erfordert in der Regel geringfügige Korrekturen auf der Grundlage von Vergleichen zwischen Daten und Simulationen, die aus dem Vergleich mit gut verstandenen Prozessen abgeleitet werden. Dieser abschließende Kalibrierungsprozess kann die Analyse erheblich in die Länge ziehen, manchmal sogar Jahre. Die DESY-CMS-Gruppe hat eine neuartige Technik angewandt, die einige dieser Korrekturen als Teil des Messprozesses misst und es ihnen ermöglicht, ihre Daten nahezu sofort zu kalibrieren.

"Dies ist nicht nur die erste Messung bei der höchsten jemals erreichten Kollisionsenergie - wir haben auch gezeigt, dass wir aus denselben Informationen Kalibrierungen extrahieren können", sagt Laurids Jeppe, Doktorand bei DESY.

"Der Schlüssel zu dieser Analyse liegt in der Kombination dieser verschiedenen Zerfallskanäle - so erhält man die ultimative Präzision", sagt Alexander Grohsjean, ehemaliger DESY-Wissenschaftler, der jetzt an der Universität Hamburg arbeitet. " Die Analyse ist selbstkalibrierend, man muss also keine externen Kalibrierungen der Daten vornehmen und kann so die Unsicherheiten reduzieren."

"Selbstkalibrierend" bedeutet, dass die Methode selbst Unstimmigkeiten in den Daten korrigiert, die bei langwierigen Analysen normalerweise erst am Ende der Datenerfassung festgestellt werden. "Mit dieser Strategie können wir eine vollständige physikalische Messung in einem sehr kurzen Zeitraum durchführen, was uns erlaubt, die wissenschaftliche Tragfähigkeit der Daten frühzeitig zu überprüfen", sagt Evan Ranken, Postdoc in der DESY CMS-Gruppe, der ebenfalls maßgeblich an der Analyse beteiligt war. "Die Top-Quark-Paare, die wir untersuchen, werden in hoher Anzahl am LHC erzeugt und hinterlassen eine deutliche experimentelle Signatur, so dass es nicht lange dauert, die Messung durchzuführen, wenn die Methode erst einmal etabliert ist."

Obwohl viele Top-Quark-Paar-Ereignisse in den neuen Daten vorhanden sind, waren die neue Methode und die gesammelte Erfahrung des Analyseteams ausschlaggebend, um ein so schnelles und präzises Ergebnis zu erhalten. Diese Messung hat auch zur Überprüfung der korrekten Kalibrierung des Detektors für künftige Hochpräzisionsanalysen beigetragen. Durch den frühzeitigen Nachweis der wissenschaftlichen Verwendbarkeit neuer Kollisionsdaten kann das Team dazu beitragen, dass die CMS-Kollaboration weiterhin dieselben Daten verwenden kann, was Zeit und Aufwand für zukünftige Analysen spart. Darüber hinaus sind die für diese Arbeit entwickelten Methoden nicht auf die Untersuchung brandneuer Daten auf Rekord-Energieskala beschränkt. In den kommenden Jahren werden diese Techniken voraussichtlich auch bei Hochpräzisionsmessungen am LHC zum Einsatz kommen.

Dieser Text wurde am 5. April 2023 auf der DESY-Homepageveröffentlicht.

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